Einführung in die Ausstellung
Die Ausstellung ‘Zilijifa’, die vom 9. Juli bis zum 2. November 2025 in der Kunsthalle Wien präsentiert wird, stellt eine umfassende Einzelausstellung des renommierten ghanaischen Künstlers Ibrahim Mahama dar. In dieser bedeutenden Präsentation wird Mahamas künstlerische Auseinandersetzung mit der Geschichte Ghanas im Kontext des kolonialen Erbes beleuchtet. Der Standort der Kunsthalle im Museumsquartier, einem pulsierenden kulturellen Zentrum Wiens, bietet einen angemessenen Rahmen für die Erkundung der Themen, die in Mahamas Werk angesprochen werden.
Mahama ist bekannt für seine Fähigkeit, komplexe historische Narrative durch Materialität und gewonnene Materialien zu vermitteln. In ‘Zilijifa’ werden verschiedene Arten von Kunstwerken gezeigt, darunter eindrucksvolle Skulpturen, Fotografien und Videos, die allesamt darauf abzielen, den Betrachter zum Nachdenken über die Auswirkungen des Kolonialismus auf die moderne Gesellschaft anzuregen. Seine Arbeiten sind nicht nur visuell ansprechend, sondern laden auch zur kritischen Reflexion über das Erbe und die historisch gewachsenen Strukturen in Ghana und darüber hinaus ein.
Ein zentrales Element der Ausstellung ist die Art und Weise, wie Mahama historische Fragestellungen in seinen Projekten anpackt, indem er oft alltägliche Materialien verwendet, um Verbindungen zwischen Vergangenheit und Gegenwart herzustellen. Die Kunstwerke dienen als Dialog zwischen verschiedenen kulturellen Kontexten und laden das Publikum ein, sich mit Fragen der Identität, Erinnerung und dem Einfluss kolonialer Praktiken auf das aktuelle Leben zu beschäftigen. Diese tiefgreifende Auseinandersetzung mit Geschichte und Materialität macht ‘Zilijifa’ zu einem einzigartigen Erlebnis, das sowohl lokale als auch internationale Perspektiven berücksichtigt.
Material und Geschichte im Werk von Ibrahim Mahama
Ibrahim Mahama ist ein zeitgenössischer Künstler, der sich intensiv mit der Materialität und der Geschichte beschäftigt, die zwischen den verschiedenen Materialien liegt. Sein Werk reflektiert die komplexen sozialen und kulturellen Narrative Ghanas, insbesondere die Auswirkungen des Kolonialismus und der Industrialisierung. Mahama nutzt eine Vielzahl von Materialien, um die Geschichten von Alltagsgegenständen ans Licht zu bringen, die oft übersehen werden. Zu diesen Materialien gehören Schuhmacher-Kisten und Jutesäcke, die nicht nur als alltägliche Objekte fungieren, sondern auch tiefere historische und gesellschaftliche Bedeutungen transportieren.
Die Schuhmacher-Kisten, die Mahama in seinen Arbeiten verwendet, sind symbolisch für die Tradition des Handwerks und die fortdauernde Geschichte des lokalen Unternehmertums in Ghana. Diese Kisten erzählen nicht nur von den Handwerkern, die sie genutzt haben, sondern auch von den Veränderungen in der Gesellschaft durch die Einflüsse von Kolonialismus und Globalisierung. Auf ähnliche Weise kommen Jutesäcke in Mahamas Arbeiten vor, die früher in der Landwirtschaft und im Handel verbreitet waren, aber auch für die Abbildung von Migrations- und Handelsströmen stehen.
Im Rahmen seiner künstlerischen Praxis hat Mahama eine Sammlung von solchen Alltagsgegenständen zusammengetragen, die sich zu einem umfassenderen Projekt entwickelt hat, welches industrielle Objekte mit einbezieht. Diese Sammlung bietet nicht nur einen Einblick in die Vergangenheit, sondern schafft auch einen Dialog über die gegenwärtigen Herausforderungen und Veränderungen in der ghanaischen Gesellschaft. Durch die Untersuchung dieser Materialien gelingt es Mahama, eine visuelle und haptische Verbindung zwischen Vergangenheit und Gegenwart herzustellen und die damit verbundenen Geschichten zu enthüllen.
Die Eisenbahn als zentrales Motiv
In Ibrahim Mahamas Werk spielt die Eisenbahn eine fundamentale Rolle, die weit über ihre Funktion als bloßes Transportmittel hinausgeht. Die Eisenbahninfrastruktur Ghanas, die während der Kolonialzeit entstand, ist nicht nur ein Zeichen technischen Fortschritts, sondern auch ein Sinnbild für den kolonialen Einfluss auf die Wirtschaft des Landes. Mahama nutzt die Eisenbahn, um die komplexe Beziehung zwischen Kolonialismus und den sozialen sowie wirtschaftlichen Strukturen in Ghana zu thematisieren.
Die von Mahama präsentierten Objekte, einschließlich einer Lokomotive und Überresten der Gleise, dienen als visuelle Metaphern für den Verfall der einst dominierenden kolonialen Strukturen. Diese Überreste sind nicht lediglich Relikte der Vergangenheit; sie sind vielmehr Zeugnisse von Geschichten, die mit dem Fortschritt und den Rückschlägen der ghanaischen Gesellschaft verbunden sind. In der Betrachtung dieser Objekte wird deutlich, wie tiefgreifend der koloniale Einfluss die Identität des Landes geprägt hat.
Indem Mahama die Eisenbahn und ihre Geschichte hervorhebt, lädt er den Betrachter ein, über den Wandel und die Kontinuität zwischen Vergangenheit und Gegenwart nachzudenken. Die Eisenbahn wird nicht nur als veraltetes Transportmittel dargestellt, sondern auch als ein Symbol der materiellen Kultur, das wesentliche Fragen zu den Machtverhältnissen aufwirft, die über Jahrzehnte hinweg das Land geprägt haben. Mahama ermutigt die Betrachter, die Verbindungen zwischen den materiellen Überresten und der Historie Ghanas zu reflektieren, indem er die Eisenbahn als Schnittstelle zwischen Geschichte, Kultur und Identität nutzt. Diese Auseinandersetzung mit dem Erbe der Kolonisation fördert ein tieferes Verständnis der Herausforderungen, mit denen Ghana heute konfrontiert ist.
Künstlerische Installationen und ihre gesellschaftliche Wirkung
Die Installationen von Ibrahim Mahama in der Ausstellung “Zilijifa” bieten einen tiefen Einblick in die vielschichtige Beziehung zwischen Geschichte und Materialität. Ein zentrales Element seiner Arbeit sind die headpans, die typischerweise in Ghana für den Transport von Waren verwendet werden. Diese Objekte, die auf den ersten Blick alltäglich erscheinen mögen, tragen eine immense soziale und kulturelle Bedeutung innerhalb der ghanaischen Gemeinschaft. Sie stehen nicht nur für die Handelspraktiken, sondern auch für die damit verbundenen Arbeitsbedingungen der Personen, die sie benutzen. Mahama hat es geschafft, diese banalen Gegenstände in Kunstwerke umzuwandeln, die tiefere soziale Kommentare über Ausbeutung und Ungleichheit anstoßen.
Die headpans werden in der Ausstellung in Verbindung mit einer Lokomotive präsentiert, die für viele als Symbol für Fortschritt und industrielle Entwicklung gilt. Durch diese Verbindung erzeugt Mahama einen spannungsgeladenen Dialog zwischen modernen Transportmitteln und traditioneller, oftmals ausbeuterischer Arbeitsweise. Die Lokomotive, als Relikt kolonialer Vergangenheit, stellt die Fragen nach der fortdauernden Auswirkung des Kolonialismus auf die gegenwärtige Gesellschaft. Die Installation fordert die Betrachter auf, über die wahren Kosten des Fortschritts nachzudenken und das Erbe, das in den Materialien und Objekten steckt, die sie umgeben, zu reflektieren.
Zusätzlich begleitet wird die Installation von einer fotografischen Serie, die den körperlichen Einfluss des Lebens der Träger dokumentiert. Diese Fotografien zeigen nicht nur die Mühen der Einzelnen, sondern auch die sozialen Strukturen, in denen sie leben. Mahamas Arbeit fördert somit nicht nur ein Bewusstsein für die individuelle Erfahrung, sondern bietet auch eine Plattform für die Präsentation kollektiver Erinnerungen und der anhaltenden Herausforderungen, mit denen die ghanaische Bevölkerung konfrontiert ist. Diese Erzählungen tragen zur kritischen Reflexion über die Auswirkungen der Geschichte bei und laden die Betrachter ein, über ihre eigene Rolle in der gegenwärtigen sozialen Landschaft nachzudenken.
Biografie
Ibrahim Mahama (geb. 1987, Tamale, Ghana) hatte Einzelausstellungen in der Kunsthalle Bern
(2025); Fruitmarket, Edinburgh; Barbican Centre, London (beide 2024); Kunsthalle Osnabrück
(2023); Frac des Pays de la Loire, Nantes (2022); University of Michigan Museum of Art (2020);
The Whitworth, University of Manchester; Norval Foundation, Cape Town (beide 2019); Tel Aviv
Art Museum (2016) und K.N.U.S.T Museum, Kumasi (2013). Seine Werke wurden auch im Rahmen
zahlreicher Gruppenausstellungen präsentiert, darunter der Sharjah Biennale 15; der 18. Biennale
Architettura, Venedig, der 35. Bienal de São Paulo (alle 2023); im Museum of Fine Arts, Houston
(2021); im Centre Pompidou, Paris (2020); der 22. Biennale von Sydney (beide 2020); der 56. und
58. Biennale Arte, Venedig (2015 und 2019) und der Documenta 14, Athen und Kassel (2017). Er
war künstlerischer Leiter der 35. Grafikbiennale von Ljubljana (2023) ernannt und ist Preisträger
des ersten Sam Gilliam Award der Dia Art Foundation. Mahama lebt und arbeitet in Accra,
Kumasi und Tamale, wo er mehrere von Künstler*innen geleitete Gemeinschaftsinitiativen
gegründet hat, darunter das Savannah Centre for Contemporary Art (SCCA) im Jahr 2019, das
Red Clay Studio im Jahr 2020 und vor kurzem das Nkrumah Volini (alle in Tamale).
Über die Kunsthalle Wien









